„Ich gestalte, also bin ich"

Aus persönlichen Aufzeichnungen von Hannes Müller:

„Sich selber, sein Leben und seine Umwelt zu gestalten - soweit es die äusseren Umstände erlauben – ist die dauernde Aufgabe eines jeden Menschen.

Bildnerisches Gestalten: ein guter Weg, sich selber besser kennen zu lernen, und eine untrügliche Art, sich andern zu erkennen zu geben.

Musik und bildnerische Kunst haben viel mehr gemeinsam, als man auf Anhieb denken würde. Das zeigt sich schon in der Sprache: Wie sollte man Farbtöne, Farbklänge, Klangfarben oder helle und dunkle Töne anders umschreiben? Komposition, Harmonie, Dissonanz, Rhythmus und Ruhe sind in beiden Künsten bestimmende Werte. Bei meiner bildnerischen Arbeit komponiere ich. Meine Farben sind die Töne, meine Formen die Rhythmen. Beides finde ich in der Musik und in der Natur.

Der Mensch ist Teil der Natur. Er kann ihr auch in den kühnsten Gedanken und Vorstellungen nicht entfliehen. Alle Kunstwerke, auch die abstraktesten und ungegenständlichsten, haben ihren Ursprung in der Natur. Das Gestalten nach ästhetischen Grundsätzen ist letztlich immer eine Umsetzung von „Natur-Bildern“, von dem, was wir in der Natur schon gesehen und erfahren haben. Der Abstraktions- oder Verfremdungsprozess in der künstlerischen Arbeit ist nur eine Gewichtung der in der Natur enthaltenen Elemente.

Meine Formensprache ist stark angelehnt an Urformen der Natur. Dabei scheint mir besonders reizvoll, organische und kristalline Formen im selben Werk zu vermählen. Vermählen heisst nicht verschmelzen, jeder Teil soll seinen eigenen Charakter und seine Individualität behalten. Trotzdem sollen die beiden Gegensätze zu einer Einheit zusammengeführt werden.

Ich verzichte bewusst auf spektakuläre Formate und Techniken. Weder das eine noch das andere macht ein Kunstwerk aus. Spektakuläres birgt immer die Gefahr der Oberflächlichkeit in sich.

Meine Bilder sollen beim Betrachter Raum lassen für die eigene Fantasie und Vorstellungskraft. Das entspricht auch ihrer Entstehung. Sie können nicht auf den ersten Blick erkannt und erfasst werden, sie wollen immer von neuem erforscht und entdeckt werden.

Das Ringen um das Gleichgewicht, um die Ruhe im Werk, ohne die Spannung zu verlieren – entspricht das nicht der Suche nach dem Gleichgewicht, der inneren Ruhe und Gelassenheit im Leben, ohne dabei die Lebendigkeit zu verlieren?"

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Hannes Müller / Malerei
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